Allgemein Bibel

Lobpreis in der Gemeinde

Ich bin in diesem Jahr durch verschiedene Umstände dazu gekommen, mich ganz persönlich wieder neu und intensiver mit den Grundlagen meines Glaubens auseinanderzusetzen. Was glaube ich da eigentlich, wie passt das zu dem Leben, das ich führe, wo wird mein Glaube lebendig und wenn nicht, warum nicht? Das sind die Fragen, die mir dazu immer wieder durch den Kopf gehen. Dieses Denken und Ringen und Suchen hat zuerst einmal mit mir und meiner Gottesbeziehung zu tun, aber gleich danach auch ganz viel mit Gemeinde. Und weil ich hier auch in der Gottesdienstmusik Verantwortung trage, habe ich in diesem Zusammenhang auch viel über Musik in der Gemeinde im Allgemeinen und Lobpreis und Anbetung im Besonderen nachgedacht. Mit alldem bin ich noch nicht wirklich am Ende, aber ich möchte euch mit diesen Zeilen mitnehmen und einige Gedanken dazu teilen, die ich für mich als hilfreich empfunden habe.

Mein Hintergrund

Musik gehörte schon immer zu meinem Leben. Die ersten Gesangsaufnahmen von meinen Schwestern und mir existieren auf Tonband, da waren wir vielleicht 3 Jahre alt oder so. Eigentlich mein ganzes Leben lang hatte Musik für mich auch etwas mit Gemeinde zu tun. Kindergottesdienst, Jugendstunde, Gottesdienst, Gebetsstunde, Chorprobe in unserem Wohnzimmer, selbst Verwandtschaftsbesuche liefen nie ohne Gesang ab. Vielleicht deshalb ist Gemeinde mit Musik für mich genauso untrennbar verbunden wie mit Gebet, Abendmahl, Bibellese und Predigt. Und vielleicht deshalb ist es für mich gefühlt absolut selbstverständlich geworden. Das hat sicher auch etwas Gutes, aber es führte auch dazu, dass ich über die Hintergründe, das Warum und Wozu, über den Sinn nicht mehr groß nachgedacht habe. Es war mein Job, der ging mir leicht von der Hand, ich war ja in meinem Element.

Stellenwert

Aber wenn wir ehrlich sind, so selbstverständlich ist es doch nicht, dass Musik für uns so eine zentrale Rolle spielt. Ich meine, Musik ist nicht das, was mich zu einem Nachfolger von Jesus macht. Es geht auch ohne. Es geht nicht ohne Gottes Wort, es geht nicht ohne den Heiligen Geist, es geht nicht ohne Jesus und nicht ohne Glauben an Kreuz und Auferstehung, es geht auch nicht ohne Menschen, die in der Nachfolge leben und die losgehen und die Gute Botschaft von Jesus weitertragen. Aber ja, es geht ohne Musik.

Ihr werdet’s nicht glauben, aber dieser Gedanke hat für mich etwas Befreiendes. Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir den Stellenwert von Musik in der Gemeinde zu hoch hängen. Und dann fangen wir an, uns daran auseinanderdividieren zu lassen. Dann streiten wir über Stile, ob gewisse Elemente denn in die Gemeinde gehören oder nicht und ähnliches. Und dann fangen wir an, uns aneinander zu reiben, uns zu verletzen, laufen im schlimmsten Fall unversöhnt auseinander und wundern uns, dass der Heilige Geist sich zurückzieht und so wenig erlebbar ist unter uns. Das ist übrigens nicht nur mit der Musik so, es gibt so einige Dinge in der Gemeinde, da müssen wir aufpassen, dass wir ihnen nicht einen zu hohen Stellenwert einräumen, dass Methoden, Instrumente, Institutionen und Konzepte nicht zum Zweck werden, wo sie doch nur Mittel sind.

Musik im Alten Testament

Aber welchen Stellenwert hat Musik denn nun in der Gemeinde. Erstaunlicher Weise ist im ersten Teil der Bibel, in etwa bis zu den Könige-Büchern relativ wenig von Gesang und Musik die Rede. Es gibt ein Loblied nach dem Durchzug Israels durchs Rote Meer (2. Mose 15) und in 5. Mose 32 ein Lied, das Gott dem Mose für das Volk Israel aufträgt als „Gottes Zeuge gegen das Volk“ (5. Mose 31, 20). Später bei den Richtern und Königen eher ein paar Randbemerkungen dazu. Das ganze mosaische Gesetz mit seinen ausführlichen Vorschriften unter anderem zum Opfer, kommt ohne irgendwelche Vorschriften für die Musik aus. Wer an welchem Altar den Dienst verrichten darf, wie die Priester dabei gekleidet sein müssen, in welchem persönlichen, körperlichen und hygienischen Zustand sie sein sollten, welche Art Opfer es gibt und welchen Zweck sie erfüllen, was geopfert werden soll oder darf, wie genau die Zeremonie abzulaufen hat, zu alldem gibt es ausführliche Anweisungen. Aber wir erfahren nicht einmal, ob die Stiftshütte in der Wüste überhaupt ein Ort der Musik war oder nicht. Das war dann wohl nicht der Punkt, um den es ging, oder?

Den Punkt, worum es Gott eigentlich ging und bis heute geht, finde ich sehr prägnant in 5. Mose 10, 12-13 zusammengefasst:

„Und nun, Israel? Was verlangt der HERR, dein Gott, von dir? Er verlangt von dir nur, dass du ihn achtest, dass du nach seinem Willen lebst, dass du ihn liebst und ihm mit ganzem Herzen und mit aller Kraft dienst. Außerdem sollst du den guten Geboten und Vorschriften des HERRN, die ich dir heute gebe, gehorchen.“

  • Ihn achten
  • Ihn lieben
  • Ihm gehorchen.

Ihn lieben und ihm gehorchen – das zieht sich als Paar von hier über die Prophetenbücher bis hinein ins Neue Testament (z. B. 1. Joh. 5,2).

David, der Influencer

Erst David, der ja selbst Musiker war, scheint dann so etwas wie eine Musikkultur in die Gottesanbetung in Israel eingeführt zu haben. In den Chroniken ist dies ausführlicher beschrieben. Der Stamm Levi, also einer von den zwölf Stämmen in Israel hatte ja einfach nur die Aufgabe, den Dienst an der Stiftshütte, später am Tempel, zu verrichten. David bestimmt dann einige Familien aus diesem Stamm, einfach nur für den Gesang und die Musik zuständig zu sein. 1. Chronik 23, 1-4 redet von 38.000 Leviten, die männlich und 30 Jahre oder älter waren. Davon waren allein 4.000 Leute nur für die Musik zuständig. Sie sollten „den HERRN mit den Instrumenten … preisen“.

Kapitel 25 hat dann noch genauere Anweisungen für die Musiker:

  • Gott begeistert preisen (V. 2),
  • begeistert die Harfe spielen, um den HERRN zu loben und zu preisen (V. 3),
  • den Gesang mit Zimbeln, Zithern und Harfen im Gottesdienst begleiten (V. 6).

Später führt Salomo das dann im neu erbauten Tempel fort und auch der Dienst im zweiten Tempel wird nach diesem Vorbild wieder aufgenommen (Neh. 12,45).

Heute würden wir sagen, David war ein Influencer, oder? Sein Hobby war Harfe spielen, schon als Hirte. Sein Lob, sein Gebet gießt er in Lieder und Musik und später als König findet er ausreichend Verbreitung und verankert dies dann in den Gottesdienst. Interessant, wie wichtig die Harfe in seinen Anweisungen für den Gottesdienst zu sein scheint. Wie das wohl kommt…? Und Gott scheint das gut zu finden. Weil es von Herzen kam, denke ich. Denn in Amos 5, 23 sagt Gott zu seinem Volk:

„Tu weg von mir das Geplärr deiner Lieder; denn ich mag dein Harfenspiel nicht hören! Es ströme aber Gerechtigkeit wie Wasser und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach.“

Unsere Herzen

Es gibt für mich eine wichtige Erkenntnis aus diesen Gedanken. Musik kann ein wunderbarer Baustein in unserer Gemeinde sein, kann unsere Gebete, unser Lob, unser Bekenntnis, auch unsere Klage und Angst, in einen gemeinsamen Ausdruck zu Gott hin führen, kann Wahrheiten transportieren, kann uns zusammenbringen in Gottes Gegenwart, wie sie uns – anders als damals in Stiftshütte und Tempel – ohne Begrenzung auf Raum und Zeit versprochen ist. Es kann uns aber auch passieren, dass Gott sich die Ohren zuhält, wenn wir unsere Lieder anstimmen. Nämlich dann, wenn wir unehrlich vor ihm stehen, wenn unser Herz sich verirrt, wenn unser Leben sich nicht mehr danach ausrichtet, Gott zu achten, Gott zu lieben und Gott zu gehorchen. Das ist Anspruch für jeden Nachfolger von Jesus, egal ob musikalisch oder nicht. Ganz besonders empfinde ich es aber als eine Herausforderung für uns Verantwortliche in der Gemeindemusik. Dass wir darin immer wieder die heilende Gnade und Vergebung von Jesus brauchen, versteht sich von selbst.

Gerade die Psalmen, das Liederbuch der Bibel, bergen einen unglaublichen Fundus an Hinweisen darauf, wie guter Lobpreis in Gemeinde aussehen kann. Hier werden wir an vielen Stellen dazu aufgefordert, Gott mit Liedern und Instrumenten zu loben. Und wir finden einen enormen Facettenreichtum an Liedern und Gebeten der uns zeigen kann, was alles Platz haben kann in unserem gottesdienstlichen Lobpreis. Bei all dem aber muss unsere größte Aufmerksamkeit unserem Herzen gehören. Eph. 5, 19:

„Ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen…“.

11.12.2019, Heinrich Hochhalter